Ein persönliches Geständnis über die (innere) Freiheit: was bedeutet sie für mich, und wie erlange ich sie immer mehr?

Freiheit ist für viele Menschen ein hohes hohes Gut. Gar nicht so selten taucht das auch in den Gesprächen und in den Cranio-Sitzungen bei mir in der Praxis auf.

Aber: Manchmal ist demjenigen gar nicht klar, dass dies ein wesentlicher Wert für ihn ist! Es wabert dann unbestimmt und unerkannt durch den Alltag als diffus wahrnehmbarer Schmerz, wenn wir diesem Grundbedürfnis nicht Rechnung tragen.

Mir selbst ging es viele Jahre lang auch so. Dass mir Freiheit so wichtig sei, hätte ich weit von mir gewiesen, so angepasst, wie ich mich überall verhalten habe. Dass es absolut essenziell für mich ist, tauchte erst mit der Zeit auf.

Was würdest du sagen, wie wichtig das für dich ist? Diese Frage können wir auch gemeinsam gut bearbeiten; bei solch versteckten Themen kann eine andere Instanz, die von außen schaut, eine entscheidende Hilfe sein.

Wie nähere ich mich der Freiheit an?

Die Frage zur Freiheit wäre: an was verkaufe ich mich? Wofür schränke ich meine Freiheit ein? Allein wenn ich das hier so aufschreibe, spüre ich einen leichten dumpfen Druck, der entsteht. Eine unbequeme Frage.

Einige mögliche Antworten:

  • um die Zuneigung von jemandem nicht zu verlieren
  • weil ich Geld verdienen muss
  • um den anderen nicht zu verletzen
  • um mich geschützt fühlen zu können
  • weil ich dem Bild weiter entsprechen möchte, das ich von mir habe

…und so weiter.

Es gibt viele Gründe. Warum genau, ist vielen gar nicht bewusst. Schade, denn das macht einen entscheidenden Unterschied.

Bewusstsein schafft Wahlfreiheit

Es ist ja nicht so, dass ich dann auf diesen Schutz, Zuneigung oder was immer es ist verzichten muss. Aber wenn ich weiß, warum ich auf meine Freiheit verzichte, zumindest in dem Moment, kann ich eine Wahl treffen. Wo Bewusstheit ist, ist eine Wahl.

Der für mich entscheidende Punkt ist, dass ich dann nicht unbedingt machen muss, was ich eigentlich von mir erwarten würde. Ich könnte mir zum Beispiel bewusst werden, dass ich zu jemandem nicht ehrlich bin, weil ich seine Wertschätzung bekommen möchte, und aber weiter unehrlich sein. Dann bin ich mir aber über meine Gründe dafür klar. Ich werde nicht mehr unbewusst gesteuert.

Freiheit ist für mich, mir zu erlauben, alles wahrzunehmen und darüber kein Urteil zu fällen. Oder etwas wahrzunehmen, und auch, dass ich eben doch darüber urteile, wenn ich es nunmal tue. Das mag etwas verstrickt für dich klingen, aber es ist einfach konsequent. Ich nehme wahr, was in diesem Moment für mich, in mir, auftaucht. Ich drücke es nicht runter.

Das Wahrnehmen beinhaltet, dass da eine Instanz in mir ist, die wahrnimmt. Als ob es da zwei gäbe! Und zwischen diesen Zweien ist dann natürlich ein Spalt: Die, die wahrnimmt, und die, die möchte, was sie gerade möchte, oder die fühlt. Und in diesem Spalt liegt die Wahlmöglichkeit. Das ist Freiheit.

Ähnlich sagt das auch Victor Frankl: „Zwischen Stimulus und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit.“

Ich bin hier noch einen Schritt davor: das Reagieren kommt danach. Soweit ich mir erlauben kann (ja, das hat mit Erlaubnis mir selbst gegenüber zu tun, nicht mit Vermögen!) etwas wahrzunehmen, soweit habe ich die Wahl, wie ich dann reagieren möchte. Wie gesagt, dass muss nicht unbedingt meinem Bild von mir entsprechen. Überleg mal: Was würdest du sagen, eine wie große Erleichterung es bedeuten könnte, nicht immer einem Idealbild entsprechen zu müssen, das wir von uns im Kopf (woher eigentlich?!) tragen?

Du bist wirklich frei zu wählen!

Mich dann trotzdem „falsch“ zu verhalten kann auch eine Wahl sein. Ich muss nichts. Ich muss nie etwas. Es ist immer eine Entscheidung. Das ist kein Weg, in den man einfach einbiegt. Blinker raus, noch mal in den Rückspiegel geschaut, und ab geht es, die Straße liegt ja vorgefertigt vor mir. Nein. Das ist ein Weg, auf dem ich mich minütlich oder eigentlich noch öfter entscheide, ob ich hinschauen möchte. Wo ich hinschauen möchte. Wie ich hinschauen möchte. Wie weit die Erlaubnis für mich selbst geht. Wie sehr ich das entwickeln möchte. Das ist ein Weg, der wohl nie endet, und der im Gehen entsteht. Nicht ein Weg der „Selbstoptimierung“, sondern des Erkennens „da traue ich mich gerade nicht“, „da möchte ich gar nicht, was ich von mir erwarten würde“. Und „da möchte ich“.

Oft braucht das Mut! Mich selbst so zu sehen wie ich bin, und mich darinnen so zu lieben wie ich bin, ist eine Herausforderung. Die Konsequenz aber ebenso: wenn ich mich selbst mit allen Schwächen, und Stärken!, sehe, habe ich diese Erlaubnis auch für andere. Das lässt einen Raum von Weite und Annahme entstehen.

Daher ist Freiheit für mich ein wichtiges Gut.

Was bedeutet Freiheit für dich? Wie wichtig ist sie dir? Und schreib mir hier gerne auch in die Kommentare, wenn noch etwas unklar sein sollte.